Der neue Essay von Manfred Frank nimmt Stellung zu einer unwirklichen Debatte - der über Dissens und Konsens, die zwischen Jean-François Lyortard und Jürgen Habermas zwar nicht stattgefunden hat, aber hier, in Form eines imaginären Gesprächs, nachgeholt wird. Es geht um etwas Grundsätzliches: um das Abtasten der Demarkationslinie, die den verständigungsorientierten Austausch von Argumenten trennt vom Beharren auf der Uneinigkeit und einheitslosen Pluralität von Äußerungen. Ist die Konsens- Theorie zu harmonistisch, kann Harmonie-Streben Züge diskursiver Gewalt annehmen? Auf der anderen Seite: Läßt sich die These, Streit sei mangels universell akzeptierbarer Schlichtungsregeln unaufhebbar, widerspruchsfrei, d. h. ohne Erhebung von Geltungsansprüchen, durchführen? Fragen, an deren Beantwortung sich entscheidet, ob wir - wie Lyotard glaubt - den Deutungsreserven »des Abendlandes« (in seiner letzten Ausprägung als »Moderne«) unwiderruflich entwachsen sind oder ob die Moderne - wie Habermas annimmt - das Zeug dazu hat , ihre Lernfähigkeit bis zur Selbstkritik zu steigern.