Das Ephemere ist eine Konstante in der Geschichte der Architektur, sei es für Festlichkeiten und Festivals, für Ausstellungen, als Hilfskonstruktionen für den Brückenbau oder als temporäre Wohnlösung. In der beschränkten Lebens- und Nutzungsdauer solcher Bauten liegt ihr Reiz, liegt die Herausforderung für die beteiligten Architekten, Planer, Künstler und Handwerker. Vielleicht haben diese ganz unterschiedlichen Bauaufgaben ihren Ursprung nicht zuletzt in unseren nomadischen Wurzeln und damit im Zelt - als Inbegriff von «fliegenden Bauten».
Unsere Autorinnen und Autoren haben für diese Ausgabe eine spannende Auswahl von Objekten zusammengestellt - sie zeigen, dass ephemere Architektur trotz ihrer umständlichen Natur eine wiederkehrende und relevante Architektur ist. So drückt beispielsweise jede Epoche im Vergänglichen ihre Idee des Feierns aus und materialisiert sie mit der jeweils verfügbaren Technik. Der flüchtige und spielerische Charakter der Bauten erfüllt eine experimentelle Funktion und regt zum Nachdenken über den öffentlichen Raum und soziale Teilhabe an.
Die Geschichte des Filmfestivals Locarno seit 1946 zeigt exemplarisch, wie sehr dieser Anlass bis heute als urbanes Laboratorium und Experimentierfeld funktioniert. Die Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit Saffa 1958 wiederum liefert Anschauungsmaterial dafür, wie kreativ das Architektinnenteam um Annemarie Hubacher den begrenzten finanziellen Spielraum nutzte, um mit Erfindungsreichtum, kostengünstigen Materialien und rezyklierten Bauelementen den architektonischen Rahmen für dieses Ereignis zu schaffen - mit minimalistischem Duktus.