Eine junge Frau besucht zum ersten Mal in ihrem Leben ein klassisches Konzert und schläft mittendrin ein. Später bemerkt sie, dass es sich um Brahms »Wiegenlied« gehandelt hat - war sie vielleicht gar die einzige Person im Saal, die die Musik wirklich
gehört
hat? Eine ältere Frau sinniert über die ihrer Meinung nach zu Unrecht aufgegebene Praxis der Schrumpfköpfe - wie gerne würde sie zwölf Schrumpfköpfe ihrer Ahnen in einer Eierschachtel aufbewahren und sie gebührend erinnern. Eine Frau in den Wechseljahren dokumentiert die Unentrinnbarkeit des Verfalls beherzt in einem Weintagebuch, »Montag 3 Mal geweint / Dienstag kein Mal / Mittwoch 1 Mal, ein bisschen.«
In Mary Ruefles 41 Prosaminiaturen wird das Profane, werden Obsessionen, Sehnsüchte und widersprüchliche Neigungen zum Katalysator von Erkenntnis. Mit Lakonie, Humor und einer beneidenswerten Gabe des Hinsehens stellt Ruefle die genau richtigen Fragen an das Leben und erschließt
en passant
die Traurigkeit und Schönheit unseres alltäglichen Tuns.
»Eine Sammlung voller literarischer Karfunkelsteine und Bonbons.«